Gewaltbereite Mandanten und Geburtstagskuchen
Ziemlich zu Beginn meiner Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin, als ich mich in das Gebiet des Familienrechts gestürzt habe, kam eine Mandantin zu mir, die ich nicht vergessen werde. Sie war getrennt von ihrem Mann, beide hatten eine gemeinsame Tochter und sie wollte gern ohne Stress geschieden werden. Es ging dabei auch um Unterhaltszahlungen für sie und die Tochter. Und sie wollte einfach erhalten, was ihr zusteht und dann sollte jeder seinen Weg in Ruhe weitergehen können.
„Das ist ja leicht“ dachte ich. Schrieb den Ehemann an, der einen Kollegen beauftragte und ein reger Schriftwechsel begann. Wer schon mal im Unterhaltsrecht unterwegs war, hat vielleicht auch die Erfahrung gemacht:
Wenn 3 Juristen rechnen, hast du 5 Ergebnisse.
Mindestens. Wir haben gestritten und eine Menge Papier produziert und uns schließlich über die Scheidungsfolgen in einer notariellen Urkunde geeinigt. Die Eheleute wurden geschieden. Und meine Mandantin sagte abschließend zu mir über ihren Mann:
Bäm. Dieses Resultat gefiel mir nicht. Na klar hatten wir ein gutes Ergebnis ausgehandelt. Na klar standen richtig viele kluge Sachen in all dem Papier und der Kollege und ich haben uns mit einer Art sportlichem Ehrgeiz in irgendwelche Detailfragen der Unterhaltsberechnung vertieft. Das kann ja auch Spaß machen, vor allem, wenn man so richtig passende Entscheidungen zu der ganzen Misere findet.
Aber es war nicht das, was die Mandantin wollte. Nicht am Anfang.
Ich habe von da an noch besser aufgepasst. Manchmal verselbständigen sich ja die Fälle durch das, was die verschiedenen Verfahrensbeteiligten in den Ring werfen und ich meine, es ist gut, diese Dynamiken im Blick zu behalten.
Die Interessen des Mandanten bestmöglich zu vertreten heißt nicht immer, alles rauszuholen, was es rauszuholen gibt.
Gerade im Familienrecht heißt es oft, das Verfahren so zu führen, dass die getrennten Eheleute nach Abschluss der Sache trotzdem noch zur gleichen Zeit beim Geburtstag der Tochter aufschlagen können.
Ein anderer Mandant, Vater einer schon erwachsenen Tochter, die er viele Jahre nicht gesehen und der er Unterhalt zu zahlen hatte, hat mir mit Ausgleich der Rechnung eine sehr schöne Nachricht geschrieben. Er hat sich sehr herzlich für die gute Betreuung bedankt „wenn auch am Schluss unsere Ziele nicht ganz übereinstimmten“. Gemeint hat er damit, dass wir durchaus noch Raum hatten, den Unterhaltsanspruch herunterzurechnen. Entschieden hat er sich für ein Entgegenkommen. Und konnte mir dann davon berichten, dass er mit seiner Tochter zum Kaffee verabredet ist.
Irgendwie das schönere Ergebnis. Sicherlich für ihn, aber auch für mich.
Gut ist es deshalb aus meiner Sicht, immer wieder zu prüfen, welches Interesse der Mandant oder die Mandantin hat. Das kann sich auch im Laufe des Verfahrens verändern. Deshalb gilt natürlich auch hier einer meiner Lieblingstricks:
Nachfragen!
Allzu oft meinen wir nämlich nur zu wissen, was andere Menschen möchten oder denken. Und können damit ziemlich daneben liegen. Außerdem können wir uns auf diese Weise manchmal sogar sehr viel Arbeit sparen.
Von der Mandantin oben habe ich nie wieder etwas gehört. Zwar hat sie unsere Kanzlei empfohlen und uns somit weitere Mandate verschafft. Mit einer eigenen Strafrechtssache war sie aber zum Glück nicht bei uns. Ich nehme das als gutes Zeichen und hoffe, dass sich die Dinge für sie wieder beruhigt haben.
Hast du ähnliche Erfahrungen? Wie immer freue ich mich sehr, wenn du sie mit mir teilst. Schreib mir gern über hallo@inspiredlaw.de oder melde dich bei mir über Instagram @christianeeymers.