Persönliche und berufliche Weiterentwicklung für Juristen
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Nicht auf die ganz großen Zeichen warten!

Letzte Woche habe ich einen Bekannten getroffen, den ich lange nicht gesehen hatte, einen alten Freund von meinem Mann. Das war ein aus vielen Gründen toller Abend und als wir so zusammensaßen, sagte er zu mir: "Christiane, ich war neulich da hinten etwas essen, hinter dem Hauptbahnhof runter, und da habe ich an deinen Vater gedacht. Mit dem habe ich mich dort nämlich mal getroffen, er hatte mich angerufen und wir haben zusammen genau dort gegessen, er hat ja in der Nähe gearbeitet, es war sein Vorschlag. Ich weiß nur nicht mehr, warum wir uns getroffen haben. Erinnerst du dich?" Ich hatte so ein Ahnung - die sich später bestätigt hat, weil ich meine Mutter mit ihrem Elefantengedächtnis befragen konnte - aber sicher war ich mir in dem Moment nicht und habe gesagt, mein Vater sei ja irgendwie auch ein Fan gewesen von dem Bekannten, sie hatten bei ein paar Gelegenheiten zusammen ein Bier getrunken.

"Ja, das kann sein" sagte der Bekannte zu mir, "Ich mochte ihn auch. Das war ein prima Typ." Es war ein so schöner Moment für mich, denn der prima Typ ist vor jetzt fast 16 Jahren völlig unvermittelt gestorben, nach wenigen Wochen schwerer Krankheit, jedenfalls wenige Wochen nach der Entdeckung der Krankheit. So schön, wenn sich jemand erinnert.

Ich selbst erinnere mich oft an meinen Vater und an seinen plötzlichen Tod, der eines dieser sehr großen Zeichen war, die das Leben manchmal sendet. Dieser Tod, der sicherlich auch für mich und meinen Weg von großer Bedeutung war, wenn er auch keine völlige Kehrtwende zur Folge hatte. Ich weiß jedoch sehr sicher, dass wir niemals auf etwas warten sollten, weil das alles hier sehr schnell vorbei sein kann. Mein Vater starb wenige Wochen nachdem er in die passive Phase seiner Altersteilzeit gegangen war, so ironisch ist das Leben manchmal. Auszuhalten ist das nur, weil er immer gemacht hat, was er wollte, er hat nicht gewartet - wenn seine Ideen und Pläne auch noch für viele Jahre gereicht hätten.

Ganz oft habe ich in Workshops jemanden unter den Teilnehmenden dabei, der oder die von einem Schuss vor den Bug berichtet, einem gesundheitlichen meistens - ein Herzinfarkt oder Schlaganfall, eine Krebserkrankung, selbst durchlebt und überlebt oder aus nächster Nähe begleitet. Das sind Menschen, die ihren Blick auf das Leben sehr verändert haben, geradezu radikal manchmal. Besonders bildlich ist mir ein Teilnehmer vor Augen, der in einer Runde von Geschäftsinhabern zu einem Workshop über Mitarbeiter-Kommunikation erschienen ist in kurzer Hose, mit buntem Hemd und Flipflops. Er war so einer, der über viele Jahre rund um die Uhr gearbeitet und dann eine plötzliche und schwere Erkrankung überstanden hatte. Und er hatte sich überlegt, überhaupt nichts mehr zu tun, was nicht zu ihm passt. Dazu gehörte es, keine Anzüge mehr anzuziehen, wahrscheinlich auch nichts einfarbiges mehr, jedenfalls aber nichts, das an warmen Tagen zu viel zusätzliche Hitze verursacht. Mich stört so etwas wie bunte Hemden und Flip-Flops nun sowieso überhaupt nicht. Solche Menschen bringen außerdem oft viel Tiefe in so eine Veranstaltung, was ich unbedingt mag. Aber ich bin schon oft der Frage nachgegangen, warum wir manchmal so große Zeichen brauchen, bis wir etwas ändern, das schon vorher längst nicht mehr zu uns gepasst hat.

Wäre es nicht viel schöner, wenn wir ohne Burn-out oder große Verluste ein wenig mehr genau so leben, wie wir gern möchten? Uns unabhängig machen von dem, was andere Leute dazu vielleicht meinen? Dazu müssen wir nicht alle bunte Hemden tragen, auch für schwarze Hosenanzüge kann es schließlich gute Momente geben. Und es heißt auch nicht, nur noch in der Hängematte zu liegen und der Welt bei jeder Gelegenheit ein „Mir doch egal“ entgegen zu schmettern. Wir können engagiert sein und kreativ und ich bin sicher, wir haben genau dafür mehr Power, wenn nicht so viel Kraft mit dem Passendmachen verloren geht.

Vielleicht können wir genau deshalb diese Fragen mitnehmen in die zweite Jahreshälfte, die gerade begonnen hat:

  • Was kann losgelassen werden?

  • Was wollen wir gern mehr in unseren Leben haben?

Dass wir uns immer mal wieder die Dinge für uns stimmiger machen, das schlage ich vor. Und wenn ihr nunmal ein Zeichen braucht, könnt ihr einfach meins nehmen - vielleicht reicht ja auch für euch der Gedanke an meinen Vater, unbekannter Weise. War ein prima Typ.

 
 
Christiane Eymers