Brutto und Netto Arbeitszeit und Parkinson in der Juristerei
Als meine Kinder noch klein waren und ich sie pünktlich aus dem Kindergarten abholen wollte, sagte einer meiner Lieblingskollegen mal zu mir „Du hast es richtig gut, Christiane, dass du immer um 15.00 Uhr gehen musst – deshalb arbeitest du auch so effektiv.“ Ah ja. Kann schon sein, dass die Entscheidung, auch noch andere Dinge zu tun als Unterhalt zu berechnen oder Aufhebungs- und Abwicklungsverträge auszuhandeln, gegen Aufschieberitis hilft. Die kennt man ja schon aus Studienzeiten. Stichwort Hausarbeit schreiben und erst anfangen können, wenn in der Studentenbude echt nichts mehr zu putzen ist. Aber hallo? Warum gehst du dann nicht selbst früher, wenn es dir hilft effektiver zu arbeiten?
Je früher die Deadline lauert, umso weniger Zeit bleibt dafür, Sachen vor sich her zu schieben. Um am Ende des Tages dann erschöpft sagen zu können, dass man echt wieder einen richtig langen Tag hatte. Das hat für mich zum einen etwas zu tun mit dem Brutto und Netto von Arbeitszeit. Manche Kollegen oder Chefs wünschen ja eine schöne Mittagspause, wenn jemand um 18.00 Uhr das Büro verlässt. Das sind allerdings manchmal auch die gleichen, die vom Büro aus 2 Stunden Internetrecherche für den nächsten Urlaub betreiben oder nach dem besten Olivenöl suchen. Und ich finde, das darf man unbedingt tun, jedenfalls wenn man sein eigener Chef ist und sich in dieser Zeit selbst nicht bezahlt und zu Hause vielleicht gar nicht die Ruhe für diese Dinge hat. Aber es rechtfertigt nicht solche Bemerkungen an Kollegen, die ihren Tagesablauf anders organisiert haben.
Zum anderen hat es aber auch mit einem interessanten Phänomen zu tun, das ich seit Jahren an mir beobachte, und von dem ich erst kürzlich erfahren habe, dass es sogar schon wissenschaftlich untersucht wurde. Und zwar 1955. Ist ja immer herrlich, wenn man irgendeine Idee oder Einsicht hat und dann merkt, dass dieser Gedanke schon vorher quasi um die Welt gegangen ist. So dass man sich vielleicht nicht als Blitzmerker fühlen kann, aber doch irgendwie bestätigt und verbunden.
Das Parkinsonsche Gesetz zum Bürokratiewachstum
“Arbeit dehnt sich genau in dem Maße aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.“
Fristen Fristen Fristen
Und kennt man das nicht von der Fristbearbeitung? Und sollten das nicht gerade diejenigen von uns berücksichtigen, die reflexhaft Fristverlängerungsanträge stellen, sobald die Vorfrist im Kalender auftaucht? Denn es ist ja die Frage, wieviel Zeit man genau der Arbeit gerade geben möchte.
Mal wieder: deine eigene Entscheidung
Es gibt solche Aufgaben, in die sich das vollständige Eintauchen auch über lange Zeit lohnt – weil wir es mögen, weil sie uns herausfordert, uns das Ergebnis wichtig ist oder der Mandant.
Und dann gibt es auch diese Dinge, da lohnt es sich, sie einfach mal zu machen. Um dann den Kopf frei zu haben für neue Sachen.
Heute bin ich besonders gespannt – kennt ihr dieses Phänomen auch? Schreibt mir total gern an hallo@inspiredlaw.de oder über Instagram @christianeeymers!